über das Zeichnen

 

Juergen erzählte eben, beim Kaffee:

„Schwach ist die Erinnerung an die Momente unter dem Küchentisch, wenn ich aus der Gewerkschaftszeitung des Vaters mit Hilfe des aus dem Lohnbüro mitgebrachten Pauspapiers kleine Figuren abpauste.

Deutlicher schon sehe ich die Tuschezeichnungen aus dem Kunstunterricht des Gymnasiums vor mir und die vielen technischen Zeichnungen oder die geografischen Karten, die exotischen Tiere, gezeichnet mit den Rotringstiften, die immer in warmen Wasser in der Küchenspüle bei lautem Schimpfen von Mutter gereinigt wurden.

Ganz ganz deutlich ist mir noch, wie ich dann ein paar Jahre  danach nichts mehr gezeichnet habe, weil ich ganz sicher war, dass ich nicht zeichnen könne.

Und dann kam u.a. das Projekt mit „KGB, Jahrzehnte später, das immer noch eine Ausstellung sucht, gemeinsames Zeichnen, in die Arbeit der Anderen hineinarbeiten, großformatig, und die Projekte mit Susanne Haun, Zeichenprojekte, mit immensem Druck für mich, weil ich gezwungen war alles an Widerständen hinter mir zu lassen, und zu zeichnen, zu zeichnen, zu bestehen. Da löste sich was.

Dann ebenfalls der Einstieg in das digitale Zeichnen auf dem Zeichenbrett, lustvoll.

Und heute: es geht nicht mehr ohne. Das Zeichnen ist die erste Stufe im Klärungsprozess. Das Zeichnen ist neben dem Fotografieren ( und bisweilen auch die kleinen Textfragmente) die Phase der Erfassung. Das Zeichnen ist die erste Klärung was geht und gehen könnte, und was nicht. Das Zeichnen mäandert und ergießt sich in unzählige Blankbooks, groß und klein, in feine Papiere und in gebrauchte, auf Briefumschlägen und Zeitungsrändern, auf allem, was ständig anwesend ist, Stifte und Papier immer in der Nähe. Es geht nicht mehr ohne, das Zeichnen würde mir fehlen.

Und meinem Zeichnen, so glaube ich, sind immer noch Grenzen gesetzt.  Aber es beunruhigt mich nicht mehr.“

Buchalov

14 Gedanken zu „über das Zeichnen

  1. Das ist schön beschrieben … wie es dann plötzlich zur Selbstverständlichkeit, ja zur täglichen Notwendigkeit wird, nicht mehr hinterfragt wird und dann einfach auch gut geht (wie man an den Bildern und dem Variantenreichtum bei diesem Beitrag ja sieht). So ähnliches schreibt Jutta Reichelt auch auf ihrem Blog zum Schreiben: Keine Scheu vor dem weißen Papier …

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  2. Very interesting. It just shows how life becomes more clear once you get into your stride and know who you are as an artist. When one is driven to make visual images, and one’s perception is different from other artists, it can be hard at the beginning, thinking that because you are not conforming you must therefore be somehow „wrong“. Individualism and originality can be a problem to cope with. I find your artworks intriguing, and I’m particularly interested in what you leave out. Thank you for sharing them with us.

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    • Liebe Susanne!
      Mögen? Ich weiß nicht. Es ist schon ein lustvoller Vorgang, aber eben auch einer, der mir nicht leicht fällt und mit „Kampf“ verbunden ist. Vielleicht kann man es dennoch mit “ mögen“ umschreiben.
      Liebe Grüße

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      • Lieber Jürgen,
        ich denke schon, dass man einen Kampf auch mit „Mögen“ umschreiben kann. Ich habe mir ja vorgenommen, mehr Architektur zu zeichnen und ich beginne es langsam zu mögen und überall zu entdecken!
        Liebe Grüße

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  3. „muss man mögen, was man gerne tut?“ – fällt mir grade so spntan dazu ein…und ein Satz meines Profs in Mainz, der mir auch nie wieder aus dem Kopf ist (sinngemäß): „Sind Sie sich sicher, dass Sie das wirklich tun wollen (Zeichnen nämlich)?: Nachts nicht schlafen, weil Sie mit einem Blatt nicht weiterkommen? Können SIe das aushalten?“

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    • Stimmt, stimmt! Wie schon so oft ein kluger Kommentar von Dir, danke!
      Es macht natürlich keinen Unterschied, ob man mit einer Zeichnung, einem Text oder einem Druck nicht weiterkommt. Aushalten muss man es allemal und lustvoll ist es zudem,
      Liebe Grüße Juergen

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