50 | light side mix | ein Interview

Ich habe mit Juergen ein Interview geführt. Das war notwendig. Es ging um eine Art von Standortbestimmung zum aktuellen Projekt und um Selbstvergewisserung.

1. Dein aktuelles Projekt trägt den Titel “light sight mix”. Was verbirgt sich dahinter?

Kunst hat für den Künstler selbst, auch für mich, oft eine psychohygienische Funktion. “Light side mix” soll mir helfen, meine Krankheit, meinen Krebs, zu begreifen, das Ganze anzunehmen und zu bewältigen – in einer leichten, farbigen Form, im Themen- bzw. Materialmix und in Form einer gebrochenen, simplen Ästhetik. Es geht im Arbeitsprozess um das Wühlen, Wühlen, Wühlen, das Sammeln von vielen Ergebnissen und dem Aussortieren, dem Reduzieren auf das Wesentliche. Es geht um Bewältigung. Um Verstehen.

2. Warum beschäftigst Du Dich mit dem Thema „Hoffnung“?

Am Anfang standen seit November letzten Jahres drei Themengebiete: die Krebsfresser, der Kampf, die Hoffnung. Geblieben ist aktuell die Hoffnung. Schicksalsschläge, gerade auch Krankheiten, wollen bewältigt werden. Aufgeben gilt nicht. Die Hoffnung, als zentrale Kraft, die uns dabei antreibt und die die Erwartung auf ein gutes Gelingen in uns wachhält, ist dabei unerlässlich. Ich halte sie für eine existenzielle wichtige Energie – für jeden Menschen. Sie will allerdings mit positiven Fakten bzw. Erfahrungen gefüttert werden, damit sie ihre Wirkung entfalten kann. Die Hoffnung ist nicht nur ein Wunsch, sondern bezieht sich auf Hinweise, die sie stützen. Sie ist mehr. So jedenfalls ist es in meinem Fall. Und ich versuche, Bilder für diesen Zustand zu finden.

3. Wachstum, Rhizom und Sterben: wie hängt das für dich zusammen?

Es gibt den Kreislauf von Wachsen und Sterben und sich entwickeln und sich in Richtungen bewegen und dem Vergehen, der uns umgibt und von dem wir ein Teil sind. Der Zufall spielt wahrscheinlich in diesem Prozess eine große Rolle – ebenso die Zuversicht auf das Gelingen der Dinge. Dieses Prinzip des stets, nicht immer zielgerichteten Wachsens, versuche ich auf meine individuelle künstlerische Arbeitsweise zu übertragen und im Atelier wie in einem Labor nachzubilden. Da, wo etwas beendet wird, also stirbt, entsteht sogleich etwas Neues.

4. Kraft und Energie und Autosuggestion: was bedeutsam das für Deine Kunst?

Die Autosuggestion ist ebenfalls eine große Kraft, von der ich glaube, genau weiss ich es aber nicht, dass sie uns bei Genesungsprozessen helfen kann. Was ich mir sage, hat für mich Bedeutung. Was ich mir vorstelle, entfaltet unbewußte Wirkungen in mir. Was ich glaube, gibt mir Struktur. Zudem wäre es in diesem Zusammenhang sicher sinnvoll sich mal wieder zu diesem Thema mit Beuys zu beschäftigen. Denn der hatte dazu auch eine eigene Meinung.

5. Und das morgen, die Zukunft?

Morgen ist morgen. Übermorgen ist übermorgen und mehr ist aktuell nicht. Wir tun ja immer so, als wenn es ein morgen nach dem übermorgen gäbe oder wir planvoll durchs Leben gehen könnten. Können wir vielleicht auch, aber jeder Plan hat eben nur eine Vorläufigkeit, die ständig durch die konkreten Ereignisse des Tages in Frage gestellt wird. Das verdrängen wir gerne. Heute schaffe ich mir eine zeichnerische Skizze mit der ich zufrieden bin, morgen ist sie schon Vergangenheit und vielleicht der Impuls für mehr. Aber übermorgen? Es kann sich so viel so plötzlich bzw. schnell ereignen. Die Dinge scheinen vom Himmel zu fallen, ständig und plötzlich und unvermittelt. Das Geschehen bis morgen kann ich einigermaßen überschauen.

Buchalov

Interview

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Ich habe mit Juergen ein Interview geführt. Hier in Montroig hatten wir dazu die nötige Ruhe und das richtige Ambiente. Ich gab ihm Stichworte, er gab Antworten.

Leuchtürme? Felix Droese, William Kentridge, HAP Grieshaber und  alle die viele Dinge auf dem Weg nach Irgendwo.

Der Anfang? Die Zeichnungen mit Pauspapier unterm Küchentisch im Elternhaus der Fünfziger Jahre

Das Ende? Welches Ende?

Warum Kunst? Was sonst? Wenn man Antworten will, wenn man begreifen will, dann bleibt einem nur dieser Weg.

Wie? Das Rhizom füttern und die Methode festlegen und das Prozesshafte aushalten, auf den Zufall warten und Trial and Error.

Warum so? Weil ich nur das kann. Und weil es so in den Genen liegt. Und weil die Prägung in der Kinderzeit halt so war.

Was geht gar nicht? Eigentlich geht alles.

Widerlich? Das Enge, das Geschlossene, das Ausgrenzende, das Inhumane.

Toll? Das Internet und seine Freiheiten.

Niederlagen? Viele, sehr viele, und ständig. Und Rückschläge. Und wenn schon!

Highligts? Wenn es noch Tage später trägt.

Buchalov