Jürgen muss täglich einen mindestens halbstündigen Spaziergang absolvieren. Da gelte es sich zu motivieren, meinte er. Also schnallt er sich die Fotokamera um und streift durch die Umgebung. Daily walk.



Buchalov
Der „Kulturkreis Wachtendonk“ hatte gestern Abend geladen: Matthias Deutschmann gab eine Vorstellung im Bürgerhaus. Ich saß mit Melina, meiner Ältesten, in der ersten Reihe.
Was haben wir gesehen und gehört? Deutschmann gab den politischen Kabarettisten, den Germanisten mit Spielwitz für die Bedeutung von Worten. Er war Cellist mit Effektgeräten, mischte Historisches mit Tagespolitischem, stellte viele Fragen, deutete Antworten an, stelle Zusammnenhänge zwischen politischen Ereignisssen und moralischen Fragen her und spielte ständig mit den Reaktionen des Publikums. Er war kritisch, provozierend und manchmal hart am Tabubruch. Der Titel seines Programms lautete: „Deutsche, wollt ihr ewig leben.“ Kein lautes Lachen, kein lustiger Abend, eher das Schmunzeln, das verstehende Lachen, der Distanzhumor eben.
Ich habe ihn in seiner Umkleide besucht und im Gespräch erfahren, dass er aus Betzdorf an der Sieg stammt, einer Nachbargemeinde meiner Heimatgemeinde, und dass sein Vater der Deutschlehrer meiner Frau war. Mein Umzug an den Niederrhein kam wieder hoch, alles Emanzipatorische, die Enge des Westerwaldes, die Distanz, aber auch der Himmel und die Freiheit über dem Niederrhein. Und das in einem nur zehnminütigen Gespräch.
Das mit dem Deutschlehrer meiner Frau nenne ich Zufall – und wieder ein Zeichen dafür, wie klein die Welt ist und wie eng alles mit allem zusammenhängt.
Buchalov