Surium 02-06-2011

Seit dem letzten „Suriumeintrag“ am Sonntag ist im offenen Atelier nichts geschehen. Nur die Tassen und Gläser wurden gespült.

Es kamen heute wieder viele Besucher – was uns sehr freut. Aber auch mit der Konsequenz, dass Nanni voller Erwartung auf die frühe und freie Zeit morgen wartet, um intensiv malen zu können.

Spasseshalber wurde heute in unserer Runde behauptet, dass wir in unserer Arbeit planvoll vorgehen und stets gedanklich mit unserem Projekt beschäftigt sind – den gesamten Tag über. Auch nachts nach der Tiefschlafphase würde, so die überzogene Behauptung, Surium in uns wühlen.
Eines aber stimmt für mich: Wenn ich einmal ein Thema angenommen habe, kann ich mich darin so richtig verbeißen, aber ohne Schlafstörungen. So geht es mir auch jetzt, wo wir auf der Suche nach Surium sind. Immer wieder beschäftigt mich in Gedanken, wie ich nun in die Wabe eindringen kann und hoffentlich auf den süßen Stoff treffen werde. Das, was ich auf der Leinwand male und filme, versuche ich vorher durch Skizzen auf Postkarten und durch Aquarelle vorzubereiten. Frei gemalt wird dann mit der Vorlage im Kopf.

Heute bin ich allerdings nicht zufrieden, denn ich habe den passenden Moment, an welchem ich den Malprozess hätte stoppen müssen, verpasst.  Ich wollte Surium in pink im Inneren des Wabenkerns festhalten. Ich weiß, dass man die Dinge auch ruhen lassen muss, was ich jetzt tun werde. Und morgen eröffnet sich dann eine neue Sicht auf die Fläche.

Monika war zufrieden. Ihr Baum wächst. Ihr Baum wird, wie sie sagt, zum Märchenbaum. Er wirkt leicht, verspielt, streng im Aufbau, aber glitzernd, ähnlich einem Weihnachtsbaum.

Am Mittwoch hat mir die Mutter von Frau R., eine ungemein liebenswerte Frau, ein kleines Glas mit süßem Stoff und Waben aus ihrem Bestand geschenkt. Ich habe mich sehr gefreut. Es wird sicherlich im Projekt Verwendung finden. Ich nasche ständig davon und stelle mir vor, es sei Surium und hätte eine Wirkung auf mich.

Die Szenen meines Films, die schon angedreht sind, habe ich gestern wahllos hintereinander geschnitten und auf schwarz und weiß reduziert. Sieht Klasse aus. Dieser „Filmfetzten“ und unfertige Rohschnitt von ca. 12 Minuten wird am Freitag beim Konzert von Frank zum Einsatz kommen: eine Projektion im Loop auf die Spielenden. Und das Ganze wird natürlich wieder gefilmt und zu einem eigenen, zusätzliche Werk im Rahmen von SURIUM verarbeitet.

Surium 29-05-2011

Gestern war auch die Presse bei uns vor Ort. Solche Termine sind ambivalent: auf der einen Seite benötigt man die öffentliche Darstellung um die Leser auf das Alte Wasserwerk und die Aktivitäten dort aufmerksam zu machen. Auf der anderen Seite habe ich immer ein wenig das Gefühl, mich „zu prostituieren“ – dies im Besonderen, wenn die Fotografen um die Teilnahme an gestellten Bildern bitten.

Die Besucher, die gestern den Weg zu uns gefunden haben, hatten weniger Interesse an unserer Kunst und dem Prozess des Entstehens. Sie waren In erster Linie an Ausstellungsmöglichkeiten im Alten Wasserwerk interessiert. !

Die Besucher heute, und es waren sehr viele, kamen wegen der Bilder, des Arbeitsprozesses und weil sie uns einfach besuchen wollten. Wir haben uns gut unterhalten. Es war sehr schön, teilweise anstrengend und man musste schon schauen, dass man zum Arbeiten kam. Ich hoffe nicht, das wir ungehalten gewirkt haben.

Nanni nähert sich ihrer Begriffsbestimmung von „Surium“ an. Sie glaubt, es sei ein Seelenzustand, ein positiver. In den Bildern findet sie den Zustand noch nicht, sie sind zu seicht, aber sie ist guter Dinge eine Einheit zwischen den Bildern und dem Seelenzustand „Surium“ herstellen zu können.

Bei mir ist „Surium“ der süsse Stoff. Er verbirgt sich im Inneren der Wabe, der ich mich immer noch von außen nähere. Ich versuche in sie einzudringen.

Und Monika, so glaube ich, sucht noch. Sie nähert sich dem Begriff an, indem sie ganz kleinschrittig und sorgsam filigran an ihrem Skulpturenbaum arbeitet. Sie streitet es zwar ab, aber dieses Arbeiten ist spielerisch, so wie ein kleines Mädchen in sein eigenes Spiel mit den Materialien des großen Gartens vertieft ist. Monika hat Draht verbogen, Perlen verarbeitet und viele kleine Steine aus dem Boden einzeln herausgeholt. Sie glaubt, dass es kleine Suriums sind. Oder versteinerte Drachenzähne.

Surium 28-05-2011

„Phase 0“, die Phase der Vorüberlegungen und Planungen, hat begonnen und ist bei mir auch schon beendet. Nanni und Monika tasten sich noch inhaltlich heran, sie lassen sich vom Fortgang der Arbeit treiben. Ich arbeite in diesem Punkt ja immer anders und mache mir vorher schon viele Gedanken. Es darf aber nicht so sein, dass die gedankliche Planung dann im Arbeitsprozess keine prozessorientierte Veränderungen mehr zulässt. Das wäre schlecht. Das gedanklich Vorgeplante darf nur der „grobe rote Faden“ sein, alles andere muss offen für Spontanes und Experimentelles sein. So gehe ich immer vor – das bin ich.

Mein Plan sieht so aus: ich habe auf dem Gelände an der offenen Seite eines umgestürzten Baumes ein Wespen- oder Hummelnest gefunden. Ich habe es abgetrennt und ins Wasserwerk getragen. Der Bezug zum Ort ist hergestellt.
Diese Restwaben sind fuer mich der Behälter, in welchem sich Surium befindet. Surium ist ab sofort für mich ein süßer Stoff.
In einem ersten Schritt werde ich das Wabengehäuse darstellen, wiedergeben, erforschen, verfremden: ich werde es erkunden, um es zu begreifen. Auch Nachbauen. In seinem Inneren befindet sich Surium, der süße Stoff. Ihn möchte ich finden.
Sollte ich ihn finden, stelle ich ihn dar, werde versuchen herauszufinden, wie er auf uns Menschen wirkt, wie er unser Sein beeinflusst.

Aus Klein wird Gross, aus einem kleinen Gedanken wird eine grosse Präsentation, aus einer kleinen Wabe ein Stoff, der unsere Existenz – das ganz Grosse – beeinflusst. Ich arbeite mich von „Außen nach Innen“.

So bin ich heute auch vorgegangen bei den ersten Schritten in „Phase 1“, der Ausführung. Es sind kleine Zeichnungen von Waben und ein größeres Aquarell entstanden – ebenso die ersten Videoaufnahmen.

Nanni gefällt dieser Gedanke mit dem „von Außen nach Innen“ und sie sagte, dass die Wabenform sich schon unbewußt in ihren Kopf und ihre Bilder geschlichen habe. Sie hat fünf Leinwände grundiert, Erde aus dem Umfeld des Wasserwerks gesammelt und mit Binder zu Farben verarbeitet, die sie dann aufgebracht hat. Wir haben über die Tiefe im Bild geredet und welche Funktion die Farbe Schwarz dabei hat. Das erste Wasser hat sie ebenfalls gesammelt, wobei es bei diesem trockenen Wetter sehr schwer ist im Umfeld des „Alten Wasserwerks“ Wasser zu finden.

Monika hat im Außengelände einen kleinen Betonsockel gegossen, im Beton Pflanzen eingearbeitet, so wie sie früher als kleines Mädchen im heimischen Garten Küche gespielt hat und auf flachen Steinen das zerschnittene Pflanzenessen servierte. Sie wollte ursprünglich einen Betonbaum schaffen. Zur letzten gemeinsamen Entscheidung des Tages haben wir uns dann vor diesem Sockel getroffen und eine Eisenstange eingesetzt. Die Rollen waren klar: Monika spontan und schnell in ihrer Entscheidung, ich vorsichtig und abwägend, und Nanni stark abwägend und vor diesem entscheidenden Schritt Sorgfalt einfordernd. Jetzt steht das Ganze, wirkt auf uns, und Monika scheint – jedenfalls wirkte sie sehr selbstsicher – jetzt klar zu wissen, was sie mit dieser Skulptur weiterarbeiten will.

Surium 27-05-2011

Den gesamten Nachmittag über war ich im „Alten Wasserwerk“, habe mich eingerichtet, u.a. meine „Filmwand“ aufgebaut, ein wenig fotografiert – Selbstportraits –  und viel über SURIUM nachgedacht.

Der Termin mit der Presse vor Ort, der mit der NN angesprochen war, kam leider nicht zustande.

Gegen abend sind dann Peter, Nanni, Monika und Frank gekommen und wir haben gegrillt. Eine schöne Vernissage: keine Bilder, nur oder gar kein Plan oder noch kein Plan, ein Raum, der sich mit Material fühlt, Grillduft, ein Glas Rotwein, die fünf Schafe auf der Wiese neben uns und das Gefühl von totaler Entspannung in der freien Natur.

Für mich hat „Phase -1“ heute ihr Ende gefunden. Jetzt geht es endlich richtig los.

Surium 25-05-2011

Aus der „Zelle k4“ heraus – ins Alte Wasserwerk hinein: Es gibt schon einiges an Material, was transportiert werden muss und einen neuen Platz findet. Der Transport hat begonnen. Die meisten Dinge werden wir am Freitag anliefern und den Start unseres Projektes an diesem Tag  mit einem Pressegespräch und einer kleinen abendlichen Feier für Freunde einläuten.

Für mich persönlich ist dies „die Phase -1“: die Vorbereitungen. Sie hat begonnen.

Ich habe nachgedacht und mich entschlossen:Es wird ein Film werden.

Im ehemaligen Zimmer des Betriebsleiters in der ersten Eage werde ich mich mit den Zeichenmaterialien und dem Computer niederlassen.

An der großen Fläche links neben dem Eingang werde ich eine sehr, sehr große Leinwand befestigen, auf der die Ergebnisse der Suche festgehalten werden, gefilmt im Zeitraffer – Modus meiner Digicam. Diese Fläche dient auch als Hintergrund für Portraitaufnahmen, Körperbewegungen oder Kostümierungen von Personen – in welcher Form, mit welchem Inhalt werde ich noch entwickeln. Diese Personen treffen Aussagen zu „Surium“.

Unter der Treppe wird es eine kleine Projektionsfläche geben, auf der das erstellte Film und Bildmmaterial dargestellt werden könnte. Soweit die „Phase -1“.

Danach kommt „die Phase 0„: die gedankliche Vorbereitung mit den Entscheidungen darüber, was Surium sein könnte und wie ich mich dem kreativ annähern möchte.

Wie es danach in „Phase 1“ weitergeht, wird man sehen.

Surium 24-05-2011

Wenn man sucht, sollte man nicht planlos vorgehen, sondern die Dinge einkreisen. Gedanklich hat dies bei mir schon vor Tagen begonnen. Einiges, was SURIUM sein könnte, habe ich schriftlich festgehalten. Ich lasse mich stark vom Klang des Wortes leiten.

Und heute ist am Frühstückstisch – was ich gerne mache – die erste Skizze auf der Rückseite einer herumliegenden Karte entstanden.

Surium 23-05-2011

Wir haben uns getroffen und einiges beredet: Monika Bänsch, Nanni Wagner und ich. Wir müssen so langsam unser Projekt im Alten Wasserwerk vorbereiten: die offene Werkstatt unter dem Titel „SURIUM“. „Surium“ ist die Verstümmelung von „Sammelsurium“.

Wir begreifen uns als  Suchende. Und lassen uns treiben, während des Projektes, und werden alles auf uns wirken lassen.

Fliessendes: Nanni wird sich auf die Verarbeitung von Wasser und die Gestaltung ihrer Fahnen konzentrieren.

Festes: Monika bringt Sockel mit. Und viel Material wie Zement und Steine.

Flüchtiges: Und ich werde mich mit den Kameras, dem Internet, Acryl und Aquarellfarben auf die Suche nach „Surium“ machen:  Es wird ein Film werden, in welchem ich die einzelnen Suchergebnisse in welcher Form auch immer dokumentieren werde.

SURIUM / der Start / 22-05-2011

Neben „Buchalovs und Jürgens Tagebuch“ wird in diesem Blog als Drittes das „Surium Tagebuch“ geführt werden. Ab heute erscheinen die Beiträge.

In diesem Online – Tagebuch wird von den Fortschritten bei der Suche nach SURIUM berichtet. Monika Bänsch, Nanni Wagner und ich werden im, um und am Alten Wasserwerk in  Wachtendonk drei Wochen lang auf die Suche gehen. Pfingsten werden wir das Projekt beenden. In dieser Zeit werden von Buchalov oder Juergen keine Beiträge im Tagebuch erscheinen. Der Focus des Schreibens und der Darstellung liegt ganz auf dem „SURIUM – PROJEKT“.

Wir wollen gemeinsam das Projekt mit Inhalt füllen, haben noch keinen ganz genauen Plan, freuen uns auf uns und das Thema, werden die Freiheit vor Ort in dieser Naturoase genießen und uns künstlerisch treiben lassen. Alle, wirklich alle, die uns besuchen möchten, sind herzlich eingeladen – sie stören nie.

Und wer sich mit Beiträgen ins Projekt – auch vor Ort – einbringen will, ist dazu herzlich eingeladen.