Martin veröffentlichte in seinem Blog „rumgekritzelt“ einen Blogbeitrag: >>> […] Jeder Mensch ist ein Künstler …
Und der zündete bei Juergen. Und Juergen schrieb:
Lieber Martin:
Ich wollte mir ja mal ein paar Gedanken, über die dann wieder dialogisch zu streiten wäre, zu Deinem Blogbeitrag machen. Hier sind sie.
Eins lassen wir mal außen vor: warum Menschen kreativ unterwegs sind und warum sie Kunst erzeugen. Denn das ist so vielfältig und mannigfaltig begründbar und komplex, dass es von daher nicht genau fassbar ist.
Aber es gibt Ergebnisse des künstlerischen Schaffens. Solange die Werke in den eignen vier Wänden verbleiben, stehen sich Erzeuger und Werk gegenüber und entwickeln bestenfalls einen Dialog darüber, was da geschehen ist und nun als Ergebnis vorliegt. So weit so gut.
Schwierig wird es nun, wenn diese Werke der Öffentlichkeit präsentiert werden. Der private Raum wird verlassen, die öffentliche Bühne wird betreten, der Zuschauer und Betrachter kommt uns Spiel. Und hier ist Deine Frage durchaus berechtigt: warum soll man sich das Anschauen? Gibt es ein Anliegen, das dieses Anschauen rechtfertigt?
Es gibt edle Motive, es gibt soziologische, soziale, emotionale Gründe, es gibt den Aspekt, das Kunst reine Unterhaltung ist, dass Kunst kann Ware sei, dass sie uns die Welt erklären kann und so weiter.
Ich glaube aber auch, das der oder die, die ihre Werke öffentlich machen, wollen, dass sie angeschaut werden, wollen, das man sie bemerkt, wollen, das sie wirken. Denn das ist gut für das Ego und die persönlichen Eitelkeiten. Das stärkt das Selbstwertgefühl. Das tut gut. Es wäre aber auch gut für ein Anliegen, welcher Art auch immer: einer Botschaft, eine politische Aussage, einem psychohygienischen Effekt, einem Hinweis, einer Irritation, einer Besonderheit, einer Störung, die nach Lösung verlangt und und und.
Und der Kunstschaffende ist nun in der der Verantwortung. Nur das eigene Selbstwergefühl zu bedienen reicht nämlich nicht. Er oder sie hat zu berücksichtigen, dass es den Betrachter gibt. Er muss ihn wertschätzen und ihm nicht egomansich etwas Neues zum Betrachten vorsetzen, ohne seine Befindlichkeiten zu berücksichtigen und nur die eigenen zu bedienen. Er hat eine genaue Auswahl der Werke zu treffen, die nun seinen privaten Raum verlassen werden, er hat genau abzuwägen, was er zeigen will, was er präsentieren will, denn der Betrachter ist jetzt sein Gegenüber, nicht mehr das Werk alleine im Atelier oder diese auf sich selbst bezogene Herstellungsprozess. Nein, jetzt geht es um Verantwortung, um die Verpflichtung so zu präsentieren, dass das Gegenüber ernst genommen wird, sich auf den Weg machen kann und herauszufinden versucht, was da eigentlich in diesem Werk vor ihm lauert.
Und der Betrachter spürt, dass der Präsentierende sich die Mühe der Auswahl gemacht hat, dass da nicht beliebig gezeigt wird, was nur bezogen ist auf das Selbst des Künstlers, sondern bezogen auf den Betrachter. Es geht um Dialog auf Augenhöhe, mit dem Werk, mit dem Künstler, mit dem Betrachter. „Und darum sollst Du Dir das anschauen, weil ich mir die Mühe gemacht habe, es für dich in einer bestimmten Form und Absicht zu präsentieren. Und ich weiss um das, was mich da antreibt.“
Und vielleicht hast Du in letzter Zeit Werke gesehen, die diesem Anspruch nicht genügen. Vielleicht wurdest Du mit Künstlern konfrontiert, die dieses Bewusstsein nicht haben.
LG Juergen
Buchalov
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