Juergens Schnipsel

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Juergen saß heute morgen am Frühstückstisch und hat dort akribisch auf einem Teil seiner Tageszeitung notiert, was er da so bei Gerda im Blog gelesen hat und was ihm dabei durch den Kopf ging. Es waren seine Schnipsel, die er nach Athen geschickt hatte, und die nun offensichtlich etwas bewegen.

Wenn er das jetzt nicht notiere und sortiere, werde er den Überblick verlieren, meinte er zu mir.

Also:

  1. erste Figuren, spontan entstanden, seien zu sehen gewesen. Zweierpaare. Die Zwei. Und Schiffe. Gerda habe wohl versucht sich dem Material zu nähern, bei vorheriger erster Sortierung.
  2. Aus den Schnipseln seien nun in einem zweiten Schritt sechs Variationen von Köpfen und Körpern geworden unter dem Motto der dialogischen Machtteilung.
  3. Und dann hätten Chinesen die Bühne betreten – der Alte und die Haushälterin und mit ihnen der Traum von der Freiheit.
  4. Dunkle Geschäfte, dunkle Momente: ein Schattenspiel sei es nun geworden, mit dem Boss und den drei Kleinen und dem Clown. Und alle mit dem Wunsch den Mond mit Hilfe der Katze vom Himmel zu holen.
  5. Dann kam die Wehmut des Clowns.
  6. Danach entschweben die Artisten ins All.
  7. Szenen aus verschollenen Romanen tauchen als nächstes auf.
  8. Dann erscheinen die griechischen Vasen, die Schrift, der Schatten, das Sichtbare, das Unsichtbare, der Minotaurus.

Alleine diese vielen Sachen seien ja schon der Stoff für ein ganzes Jahr kreativer Arbeit, so Juergen. Wenn man das wolle. Wenn man das kleinarbeite, habe man genug zu tun und reizvoll klinge da vieles. Gerdas Ideenreichtum im Erzählen der Geschichten sei schon immens.

Bei den Kommentaren, die hatte Juergen nämlich auch ausführlich gelesen, seien ihm Worte aufgefallen, die er beachtenswert finde, Worte, die Türen öffnen könnten, und die er in seine Sammlung an Worten aufnehmen werde:

das Seelenbild, das Fremdmaterial, die Lebenswelten, der Kampf der Kreativität und Postionen, die Zähmung des Materials.

Alles in allem sei es aber, und Gerda habe da eine echte Herausforderung angenommen, um die Suche nach der richtigen Methode gegangen, um die Frage nach der Herangehensweise an ein Material, das schon Stoff gewesen sei und nun weiter Inhalt sein solle. Sie hat die Untersuchung als Methode gewählt.

Vielen, vielen Dank an Gerda.

Aber eigentlich, so Juergen, sei es ja immer um diese drei hier gegangen: Peter Maschke, Juergen alias Buchalov und Gerda. Denn sie formen das Material, sie geben im Gehalt, sie hauchen dem Papier Leben ein, sie findet man in allen Ergebnissen wieder – manchmal flüchtig, oder energetisch, oder huschig. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang mal über „Appropriation“ nachdenken, meinte er.

Deshalb hat er sie erst einmal schnell gezeichnet, die Drei. So kann man den Dingen, neben der untersuchenden Art wie Gerda es macht, ja auch auf die Spur kommen. Davon ist er überzeugt.

Buchalov

Schnipsel nach Athen „bringen“

Juergen hat in den vergangenen Wochen an seinen „Kreuzcuts“ und den „OrtsMarken“ gearbeitet, Scherenschnitte oder neudeutsch „papercuts“ sind dabei entstanden. Hier ein paar Beispiele:

Und dabei entsteht nun mal gezwungenermaßen einiges an Papierabfall, Schnipsel halt. Die hat Juergen nach Athen zu Gerda >>> [ … ] <<< geschickt. Denn Gerda ist Spezialistin für Schnipsel und legt daraus Bilder, die mehr als Bilder sind: es sind Aufstellungen, Visualisierungen von inneren Zuständen, Psychogramme, Bilder mit Subtext, Transformationen von Innenleben.

Juergen fragte mich nun, was er mit den Beiträgen aus Athen machen solle, mit den Bildern, den Kommentaren, die Gerda mittlerweile veröffentlicht hat. Erst einmal solle er sich schon brav und von Herzen für Gerdas Einsatz bedanken, habe ich gesagt. Mache er hiermit, klar. Und gerne!

Irgendwie fühlt er sich verantwortlich für seine Schnipsel, obwohl es gar nicht mehr die seinen sind. Weggeben ist abgeben ist loslassen ist Nabelschnur trennen, fertig, habe ich gesagt. Das hat er verstanden.

Und dann habe ihm geraten, seine Notizen, die hat er sich nämlich gemacht, Juergen macht immer Notizen und kleine Zeichnungen,  diese Notizen solle er als Wortschnipsel einfach aneinanderreihen und hier zeigen. Als Einstieg und Anfang und Beschreibung dessen, was das Ganze mit ihm macht, ungefiltert, wirr. Also:

diese Schnipsel, diese Schnipsel in Athen

jetzt, im Moment

vorher bei mir, in Zelle k5, Teil von mir

Teil von mir?

jetzt im Schatten der Akropolis, der grieschichen Mythen – Wow!

alle Dinge sind durch ein großes Band verbunden

alles, mehr oder weniger

zuerst ein wilder Haufen von Papierabfall, jetzt kreatives Material, das plötzlich Geschichten erzählt

von Peter Maschke und mir, von Gerda, von Booten, von Menschen, von Mythen, dem Land, dem Frieden, dem Streit, der Liebe

durch ein großes Band miteinander verbunden

ein richtiges Band

wie sind wir denn bloß in den Schnipseln vorhanden?

Gerda kämpft und sortiert und Gerda geht methodische Wege

so eine Methode hilft beim Umgang mit den Dingen, das weiß ich aus Erfahrung

das ist klug

Schattenspiele finde ich toll und angemessen und narrativ und sinnig

es ist so schön, wenn der Schatten spielt

zwei Boote sehe ich, zwei Personen

eine Zwei

aber: vielleicht kann man gelegte Schnipsel auch überinterpretieren

darf man sich sich im Blog kritisch äußern oder ist immer nur Lobhudelei angesagt?

Buchalov

Tag 3

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Am Morgen meinte Juergen noch, dass er sehr gespannt sei, was heute geschehen werde. Er und Nanni arbeiten jetzt schon gemeinsam den dritten Tag in seiner >>> „Zelle k5“ <<<   an ihrem gemeinsamen Projekt. Gestern sei er ja gefragt worden, was er denn da mache. Tja, meinte er, heute haben er noch einmal die Scherenschnitte geprüft, geprüft, ob sie seinen eigenen Ansprüchen genügen. Keiner sei durchgefallen.

Dann habe er die Scherenschnittschnippsel in eine große Tüte gepackt und sich gefragt, ob er die auch, so wie Susanne, zu Gerda nach Griechenland schicken solle. Einfach so, absichtslos. Er habe sich noch nicht getraut.

Und dann habe er Origami – Schachteln gebastelt, große und kleine, eckige und runde. Solche Schachteln tanzen ihm schon seit geraumer Zeit im Kopf umher. Was die Fahrt letztes Jahr zu den verschiedenen Orten mit ihm gemacht habe, das solle da hinein. Irgendwie. Nanni habe ihm von Bali erzählt von den kleinen Opferschalen aus Papier und Blättern, die sie da gesehen hatte und die da überall an den Straßenrändern oder sogar  auf den Amaturenbrettern der Autos liegen, als Opfergabe. Das habe ihn inspiriert. Und dann sei das nun der Anfang einer geplanten großen OrtsMarke als RaumMarke gewesen, in seinem Atelierraum, als kleine Installation. Morgen arbeite er daran weiter.

Buchalov