die Zeit und die Zeitmaschine

Zwei Druckstöcke, tiefe Griffe in den Stapel der Papierreste mit anschließendem ungeplanten, aber spontane Drucken. Und die Titel waren vom Anbeginn an klar: die Zeit, personalisiert, und die Zeit als Maschine.

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„Zeit ohne Zeit“: zwei Heftchen wollen geblättert werden und führen uns in die Zukunft

Ein Tisch voller kleiner Druckstöcke und ein Haufen Probedrucke: das Thema “Zeit ohne Zeit” findet seinen Weg aufs Papier und ins Bildhafte. Und erst einmal in zwei kleine Heftchen bevor die einzelnen Motive in Serien von geringer Auflage gedruckt werden sollen. Juergen nennt diese Art von Heftechen normalerweise Druckskizzenbuecher oder Themenhefte, Themenhefte zur Zeit. Und er will sie auch in Zukunft als Präsentationsmittel weiter verwenden. Er mag das.

Jürgen hat aus den Heftchen bzw. Druckskizzenbüchern ein paar Doppelseiten ausgesucht, die ich zeigen soll, und die er für geeignet hält, um daraus später mehr zu machen.

Und dann ist da auch noch die Frage nach der Wertigkeit von Skizzen im Vergleich zu fertigen Werken. Und die zudem noch Frage, warum Jürgen die Skizzen so gerne in kleinen Büchern sammelt und es nicht bei einer losen Blattsammlung belässt.

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Ein Papierkörper, der eine Zeitmaschine werden will.

Am Anfang stand dieses zusammengeklebte Papierobjekt, s. unten, Titel: im Zentrum der Utopie. Das ist schon einige Zeit her.

Daraus ist jetzt größer und bunter das hier geworden, was so etwas wie eine Zeitmaschine sein könnte, etwas, das die Zeit unentwegt pumpt und drückt und filtert und schiebt.

Und das, was da jetzt so steht, kann nur ein Zwischenschritt sein, denn es sind noch einige Fragen zu klären, die sich ergeben, weil Jürgen offensichtlich unzufrieden ist. Müssen diese farbigen Elemente sein? Wie kann man den Maschinencharakter verstärken? Wo bleibt die Bewegung? Läßt sich ein Motörchen einbauen? Was kann man gegen die Instabilität tun? Sind die Beine des Teils so akzeptabel? Ist jede Seite in der Ausstrahlung gleich stark? Wie bewahrt man den Charakter des Unfertigen, des Improvisierten? Ich glaube, dass wird dauern.

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Neun kleine Linolschnitte: das Tor in die Zeit?

Also: im Moment geht es um die Zeit, speziell um die “Zeit ohne Zeit”. Das ist als Gegenstand natürlich nicht vom Himmel gefallen, sondern hat sich so ergeben. Jürgen war mit dem Thema „Eden3“ unterwegs, dabei spielte auch die Zeit als unendliche Zeit eine Rolle und nun ist rhizomartig da ein eigener Sproß bzw. Keimling entstanden, der vor sich hinwächst und wuchert.

Ule Rolf hat dazu folgendes Gedicht geschickt, vielen Dank dafür:

Gedanken über der Zeit

Ihr lebet in der Zeit und kennt doch keine Zeit;

so wißt, ihr Menschen, nicht von und in was ihr seid.

Diß wißt ihr, daß ihr seid in einer Zeit geboren

und daß ihr werdet auch in einer Zeit verloren.

Was aber war die Zeit, die euch in sich gebracht?

Und was wird diese sein, die euch zu nichts mehr macht?

Die Zeit ist was und nichts, der Mensch in gleichem Falle,

doch was dasselbe was und nichts sei, zweifeln alle.

Die Zeit, die stirbt in sich und zeugt sich auch aus sich.

Diß kömmt aus mir und dir, von dem du bist und ich.

Der Mensch ist in der Zeit; sie ist in ihm ingleichen,

doch aber muß der Mensch, wenn sie noch bleibet, weichen.

Die Zeit ist, was ihr seid, und ihr seid, was die Zeit,

nur daß ihr wenger noch, als was die Zeit ist, seid.

Ach daß doch jene Zeit, die ohne Zeit ist, käme

und uns aus dieser Zeit in ihre Zeiten nähme,

und aus uns selbsten uns, daß wir gleich könten sein,

wie der itzt jener Zeit, die keine Zeit geht ein!
Paul Fleming
(* 05.10.1609, † 02.04.1640)

Über die Zeit zur Nichtzeit? Über die Zeit zur Ewigkeit? Oder wie bei Jürgen über ein paar Linolschnitte zu Zeit-Eindrücken. Das scheint der Weg zu sein.

Neun Linolschnitte, wieso gerade neun, nicht fünf, nicht sieben, nicht dreizehn, nein neun liegen auf seinem Tisch und sie haben Titel: im Inneren der Utopie / Zeitschleifen / Zeitsedimente / Zeitpumpen /Zeitkapsel /Zeitloecher /Zeitmaschine.

Wenn man diese Art von Zeit luftig mit weißen Punkten überdruckt, tja, dann gibt es die Zeit vielleicht fast nicht mehr. Das war sein Gedanke. Das hat er im Experiment ausprobiert. Und ist ganz und gar nicht zufrieden. Da muss eine andere Lösung her.

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„Zeit ohne Zeit“: wer fragt, der bekommt Antworten!

Selbstbefragung – Zimmerreise – Fundstückuntersuchung – Quellenstudium: das hat Jürgen in den letzten Tagen alles vollzogen – kawumm, zomp, kawumm. Er bezog sich dabei auf seinen letzten Blogbeitrag zur „Zeit ohne Zeit“. Jürgen will ja klären, was es mit „Zeit ohne Zeit“ auf sich hat.

Die Selbstbefragung lieferte Ergebnisse, was Synonyme von Zeit anbelangte und das Gegenteil davon. „Zeit ohne Zeit“ könnte von daher vielleicht bedeuten: Zeitloch – punktuelle Zeit – Zeitschrumpfung – Freiheit der Zeit – time is only here – timeless – Zeitteufel – Punkt – verspätet – Zeitpunkt – Moment – Einzelfälle der Zeit. Das Punktuelle, das Zeitlose, das Löchrige sind bei Jürgen hängengeblieben und könnte Bilder liefern. Denn darum geht es ja: Bilder finden für das Begriffspaar „Zeit ohne Zeit“.

Die Zimmerreise erbrachte Hipstagramphotos von einem Uhrenziffernblatt und schattigem Licht auf Wänden.

Die Fundstückuntersuchung lieferte Skizzen und Druckstöcke von einem Uhrengehäuse, von einem Blasebalg, Zeitschichten und einer Zeitschleife.

Und das Quellenstudium hat ihm vor Augen geführt, das Einsteins Relativitätstheorie, die ihm Kenntnisse über die Zeit liefern sollte, im Moment seine Möglichkeiten des Verstehens übersteigt. Jürgen sagte, ihm fehlten einfach exakte physikalische Grundkenntnisse darüber, was Relativität, Masse, Raum, Zeit, Raumzeitkrümmung, Schwarzes Loch und und und sei. Hängen geblieben ist, dass offensichtlich die mit Lichtgeschwindigkeit durchs All Reisenden die Zeit überwinden können.

Soweit so gut. Jetzt soll das alles erst einmal in kleine Linolschnittdruckstöcke fließen.

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künftig/bald/nach vorne -Eden 3: für die Zeit Bilder finden

Tja, die Zeit. Sie läßt Juergen nicht los, obwohl sein „Edenprojektschon beendet ist. „Zeit ohne Zeit“ – dieser Überschrift will Jürgen jetzt noch ein wenig folgen.

“Zeit” darzustellen findet er nicht einfach. Und “Zeit ohne Zeit” in Bilder zu fassen erst recht. Er weiß gar nicht so recht, was “Zeit ohne Zeit” eigentlich bedeutet. Die Zeitschleifen vor dem Hintergrund von Rudimenten von Schrift waren der erste Versuch. Um aber in der Bildfindung zu Ergebnissen zu kommen, hat er sich wieder ein paar Fragen überlegt, Handlungsanweisungen dazu entwickelt und versucht sie nun abzuarbeiten.

Fragen an “ Zeit ohne Zeit“/ mögliche Handlungsanweisungen:

Wie kann man Zeit darstellen? Im Atelier liegt als Fundstück ein verrostetes Uhrengehäuse und eine Minisanduhr. Skizziere sie. Oder entwerfe eine Maschine, die die Zeit unentwegt pumpt – eine Zeit- Pumpe, einen Blasebalg, denn Zeit schreitet stets voran und arbeitet und wühlt und pumpt und drückt.

Wer bist Du Zeit? Hier könnte Wikipedia helfen und der Versuch, das Leseerebnis in drei hingehuschten Skizzen zusammenzufassen.

Was bedeutet “Zeit ohne Zeit”? Konstruiere das Gegenteil dieses Begriffspaares und bilde Synonyme, die dann wiederum ins Gegenteil verkehrt werden sollten. Vielleicht wird dann einiges klarer.

Wo sieht man keine Spuren der Zeit? Gehe durchs Atelier und fotografiere scheinbar zeitlose Zustände.

Wo sieht man die Zeit? Wandere durchs Atelier und fotografiere Gegenstände mit Zeitspuren.

Gibt es Situationen oder Orte an denen ein Zustand der „Zeit ohne Zeit“ herrscht? Durchforste dein Archiv und durchsuche Dein Material nach solchen Orten oder Situationen. Vielleicht findet sich dort etwas zum Thema.

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