Juergen übergab mir diesen Zettel, der hänge sonst immer im Atelier, und sagte, dass es zur Qualität und der Überprüfung von Qualität nicht mehr zu sagen gäbe. Das wären seine Orientierungspunkte. Jedes seiner Werke müsse da durch. Und lande dann bei A oder B oder C.
Buchalov
Und wie genau machst du dass mit der Qualitätsbewertung anhand des Zettels?
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Hallo Ute!
Die auf dem Zettel notierten Worte sind meine Orientierungspunkte, die ich ich dann im Selbstgespräch/Selbstreflktion oder gemeinsam mit meinen Atelierkollegen im Dialog bespreche, indem wir/ich schauen,in wie weit nach unserer subjektiven Einschätzung das, was sich hinter dem Punkt verbirgt, im Ergebnis wiederzufinden ist.
Beispiel „schräge Ästhetik“: Ich versuche im Betrachten zu klären, ob das Bild den klassischen Gestaltungsprinzipien genügt oder nicht. Oder ob die Farbwahl dekorativ, ungewöhnlich oder befremdlich angelegt ist. Oder ob genügend expressive Elemente enthalten sind usw.
Im Grunde genommen ist das Vorgehen sehr dialogisch angelegt – in der Regel mit mir selbst oder im Kollektiv des Ateliers.
Ich komme damit ganz gut klar, muss mir halt nur die Zeit dafür nehmen und stufe am Ende das Ergebnis unter subjektiv A, B oder C ein: A = wirklich gut gelungen, B = genügt meinen Ansprüchen und C = erst mal weglegen und erst einmal nicht öffentlich zeigen, ruhen lassen, später noch einmal schauen.
Und es stimmt: durch dieses Verfahren müssen meine Sachen durch – nicht die Skizzen, nicht die Entwürfe, aber das, was mal u.a.in Ausstellungen öffentlich werden soll.
Im Blog habe ich auch den Mut nicht Geprüftes und C- Ware zu zeigen, weil ich den Blog als weitere offene Dialogform und das Dargestellte als prozeßhaft begreife.
War gut, dass Du gefragt hast – das hat mich gezwungen, im Kopf zu diesem Punkt klarer zu werden.
LG Juergen
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Sehr interessant, dankeschön! Hat jeder so seine eigene Methode – obwohl, dieses Sortieren in A, B, und C Ware habe ich ein bisschen auch, wenn ich meine Lithos durchschaue, da gibt es meine absoluten Favoriten, meine präsentablen Arbeiten und die, welche ich zum Überarbeiten oder später nocheinmal Betrachten zurücklege.
Lg Ute
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Lieber Jürgen,
gestern Abend saß ich eine Weile vor Deinem Artikel. Der Eintrag selbst veranlasste mich dabei allerdings weniger, ganz in Nietzke-Manier, darüber zu grübeln, sondern, es beschäftigte mich die Frage, ob ich etwas dazu schreiben sollte, oder nicht. Es juckte im Kopf und es juckte in den Fingern. Normalerweise beteilige ich mich nicht an allzu akademischen Fragestellungen über Kunst und Kunstwerke. Nicht, weil ich dazu nichts zu sagen hätte, ganz im Gegenteil, aber ich meide die Diskussionen und Auseinandersetzungen, weil alle Aspekte, die sich daraus entwickeln können, längst bekannt sind, aufgeschrieben und nachzulesen in meterlangen Bücherfronten oder Artikeln und Aufsätzen. Keine einzige dieser vielen Diskussionen, an denen ich bisher beteiligt gewesen bin, unter Kollegen, mit und ohne Publikum usw., hat mich in meiner Arbeit einen Schritt weitergebracht.
Ich stelle mir gerade Gerhard Richter vor (der Name ist austauschbar). Er spaziert konzentriert durch sein Atelier und betrachtet die eben aufgebrachten Farbschlieren auf den Leinwänden an der Wand. Er greift in seine Hosentasche und zieht einen Zettel daraus hervor, auf dem einige Punkte notiert sind, nach denen er die Qualität seiner Arbeit beurteilt … und jetzt habe ich einen Filmriss, weil das so niemals passieren würde. Aber lassen wir den Film weiterlaufen. Herr Richter nimmt den Zettel, zerreißt ihn, und wirft die Schnipsel in den Abfalleimer.
Er wird seiner Erfahrung, seiner Intuition vertrauen, seinen handwerklichen Möglichkeiten, und all dies wird er in seinem Kopf zusammenbringen. Dort wird er entscheiden, dass diese Leinwand seinen Vorstellungen entspricht, und bei der noch gearbeitet werden muss. Er wird sich den Teufel darum scheren, ob die Qualität dieser Bilder den Qualitätsvorstellungen von irgendwelchen Betrachtern entspricht. Die Bilder müssen seinen Qualitätsansprüchen gerecht werden, und um dies zu beurteilen braucht er keine Liste zum Abhaken.
Er vertraut sich selbst und seiner Arbeit!
Aber solche Dinge muss wohl jeder mit sich selbst ausmachen. Im Grundsatz glaube ich, dass kein Kunstwerk mit „akademischen“ Fragestellungen geschaffen wird, sondern erst, wenn man darüber hinausgeht. Genauso wenig, wie es eine Formel für die qualitative Beurteilung gibt. Weder für den, der das Werk geschaffen hat, noch für den Betrachter.
Vielleicht liege ich völlig falsch mit meiner Einschätzung, aber ich habe oft den Eindruck, dass Du Deiner Arbeit mit einer verbissenen Ernsthaftigkeit nachgehst, die es jeglicher Leichtigkeit sehr schwer macht. Es erscheint mir immer, als würdest Du mit Deinem Werk einen harten Kampf ausfechten. Ein wenig mehr Gelassenheit, eine Prise spielerische Leichtigkeit und ein Stück Distanz, zu sich und seiner Arbeit, schadet nicht der Ernsthaftigkeit, mit der man seiner Arbeit nachgeht. Ganz im Gegenteil.
Liebe Grüße Dieter
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Hallo Dieter!
Ehrt mich, dass Du den Artikel kommentierst, obwohl Du ja an solchen akademischen Diskussionen nicht teilnehmen möchtest. Freut mich wirklich, da es Wertschätzung bedeutet.
Es gibt Menschen, die wissen, wie es geht. Und solche, die Suchende sind. Zur letzten Gruppe zähle ich. Ich bin als Autodidakt nicht frei von Unsicherheiten in kreativen Dingen und als Lernender auf den Dialog angewiesen.Und deshalb, dies hast Du richtig erkannt, kämpfe ich mit meinen Ergebnissen, immer wieder, mal heftiger, mal weniger heftig. Bei weniger heftig gelingen leichte Arbeiten, bei viel Kampf gute Arbeiten, bei zuviel Kopfarbeit C – Werke. So ist das, weil ich so bin. Ich mag diesen Kampf, empfinde ihn als lustvoll, denke gerne nach über diese Prozesse, liebe das Gespräch mit den Menschen um mich herum zu diesen Themen, tue dabei einiges für mein Selbstwertgefühl und spüre mich selbst dabei sehr positiv. So bin ich und deshalb muss ich so agieren. Und spüre immer mehr Gelassenheit und Sicherheit aufgrund der Erfahrungen, die ich gewinne. Aber, da hast Du recht, ich kämpfe. Aber so will ich es.
Den Film mit Richter habe ich auch gesehen und habe die Situation genau anders erlebt: auch Richter ringt, mit jedem Bild, nicht immer wissend, ob es nach seinem Koordinatensystem gelungen ist. Dann benötigte er Zeit. Im Kopf hat er seinen Zettel, meiner hängt an der Wand. Und später dann wird es bei Richter aufgenommen in den Fundus oder verschwindet.
Und da hast Du recht: wirklich gute Bilder gehen über all das Hinaus. Da ist mehr, was akademisch nicht fassbar ist. Diese Beschränktheit meiner Vorgehensweise ist mir durchaus bewusst.
Den Hinweis auf die Gelassenheit nehme ich gerne auf und das Spielerische nimmt in den letzten Wochen, hat auch mit dem Blog zu tun, bei mir sowieso immer mehr Raum ein.
Deine Hinweise waren sehr wohltuend und konstruktiv und sind bei mir gut aufgehoben.
Bis bald, liebe Grüße
Juergen
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Hallo Jürgen,
danke, dass Du meinen Beitrag richtig verstanden hast. Meinen Respekt und die Wertschätzung gegenüber Dir und Deiner Arbeit darfst Du voraussetzen.
Es gibt immer viele Wege, die man gehen kann, und jeder muss für sich selbst den richtigen finden … es ist sehr gut, dass Du zu Deinem Weg stehst.
Den Film über Richter habe ich leider gar nicht gesehen (werde ich bestimmt
noch nachholen). Meine kleine fiktive Geschichte war nur das Transportvehikel
für das, was ich ausdrücken wollte.
LG Dieter
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