„Parzelle 268“ war von Jürgen und mir belegt. Wir waren seit Ende August dort und sind jetzt auf der Rückfahrt. Die Menschen auf den Parzellen um uns herum wechselten. Sie kamen und sie gingen. Sie bauten auf und sie bauten ab. Einige blieben länger. Einige blieben für sich. Andere suchten den Kontakt. Ich mag sie alle. Es gab unter anderem:
Die spanische Familie mit den zwei Kindern, die beim nachmittaeglichen Zeichnen neugierig schauten.
Die Berliner, beide über achtzig, die wieder überwintern, zum letzten Male, im März zurückfahren und mit zu plastikobjekten zerschnittenen Plastiklaschen ihre Parzelle verschönerten.
Die vierköpfige Familie mit Hund, mit ihren vielen Freunden, verteilt über andere Parzellen und mit dem Hang zum mitternächtlichen Feiern.
Die Engländer aus Calpe, deren “Good morning” nach Insel klang und die den Brexit für eine irre Angelegenheit hielten.
Der Freund von ihnen, ebenfalls Engländer, Alleinfahrer, ein wenig einsam, schien uns, der seine spanische Freundin mit Pudel nachkommen ließ. Er hatte seine Gründe.
Das junge Spanische Paar im kleinen Van und die kleine, wilde Katze, die sie angefüttert hatten.
Das spanische Paar und ihre Leidenschaft zu nächtlichen Strandbesuchen.
Das Ehepaar aus Köln, das die anderen Kölner hier bewusst mied.
Der Aussteiger aus dem Oberallgäu auf der Dünne mit seinem lieben Australien Shepard und einer von Hand angetriebenen Waschmaschine. Er wusste wie die Welt funktionierte und pflegte sein Anderssein – ein richtig netter Kerl.
Die Regensburger, die in Gretna Green vor über vierzig Jahren geheiratet haben und mit denen man sich zum Plausch im Wasser traf.
Die Darmstädter, die hier auf der Durchreise sind nach Fortuna bei Murcia, zu den Thermen, die wissen, wo es das beste deutsche Brot gibt, und die fünfzehn Jahre in Amerika gelebt haben.
Die zwei Schweizer, deren schweizerdeutsch einfach faszinierte und die so richtig kontaktfreudig waren. Von ihm lernte ich wie die Schweizerdemokratie funktioniert.
Der Stuttgarter, der sich einigelte und seinen Benz vor dem Staub mit Folien und Waschen schützte, der aber dennoch jeden und jede hier kannte.
Die zwei aus Erfurt, denen die Preise für alles extrem wichtig sind, die alle billigen Restaurants im Umfeld kennen und ihr Wissen gerne teilten.
Die zwei aus Herne, die sich so klein und unscheinbar machten.
Die zwei aus Hannover, bis kurz vor der Wende in der ehemaligen DDR lebend, die sich über den Körper, die Leistung im allgemeinen, über preußische Tugenden und über den Sport definieren.
Der Doktor aus Neuss, der ebenfalls auf der Dünne stand, Denksportaufgaben liebte, auf seine polnische Lebensgefährtin wartete und an Lumbargo litt und nicht wusste, wer seinen Hund ausführen könnte.
Die eingeschworene Kölner-Campergemeinschaft am Rande des Platzes, die zwischen zwei Bäumen ein Banner gehängt haben. Aufschrift: Domplatte.

Viva la vida!
Buchalov
Lieber Jürgen, wenn man einfach nur aufnimmt und beobachtet, hier und da interagiert, aber nichts und niemanden bewertet, dann ist das Leben einfach bunt und schön, wie dein erstes Bild!
Herzliche Grüße und gute Fahrt Nachhause, Ulli
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Danke, bis bald, Liebe Grüße
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Lieber Jürgen,
das war ja schon etwas gewöhungsbedürftig, wasn’t it?
Mach’s gut
The Fab Four of Cley
🙂 🙂 🙂 🙂
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Hallo Klausbernd!
Ich wiederspreche ungern. Aber es war wirklich nicht gewöhnungsbedürftig, da es immer so ist. Wir fahren seit zehn Jahren mit dem Wohnmobil durch die Lande und wenn man irgendwo über Wochen steht, was im Jahr mindestens einmal vorkommt, dann ist es genau so. Ich bin immer wieder fasziniert davon wie unterschiedlich die Menschen sind, wie gut und hilfsbereit sie sind und wie vielfältig ihre Biographien daherkommen. Wenn man das erlebt, weiß man, dass das Leben wirklich bunt ist.
Natürlich stoße ich auch bisweilen an Grenzen des Verstehens und manches, was so erzählt wird oder einem unterwegs passiert, ist nicht zu akzeptieren und ich merke, dass ich es hinnehmen und aushalten muss.
Alles Gute! Ich hoffe, dass Ihr nicht allzusehr von den Versorgungsengpässen in England betroffen seid.
Liebe Grüße
Jürgen
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Lieber Jürgen,
habe herzlichen Dsnk für deine Antwort. Unsere Reaktion liegt vielleicht daran, weil wir uns stets in netten Hotels einmieten und diese Szene nicht gewohnt sind. Wir lieben das Hotelleben in den Ferien, das freilich völlig anders als das Camping-Leben ist. Auch fahren wir in andere Gegenden, was sicherlich auch einen Unterschied macht.
Die Versorgungsengpässe treffen uns hier auf dem Lande nicht so sehr. Wir bekommen unser Benzin und die Lücken auf den Regalen im Supermarkt können wir kompensieren, obwohl es bisweilen schwierig ist. Z.Zt. gibt es bei uns keine Kartoffeln und Mineralwasser, da trinkt man eben Bier, taten die Leute im Mittelalter auch 😉
Liebe Grüße vom sonnigen Meer
Klausbernd
The Fab Four of Cley
🙂 🙂 🙂 🙂
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Klingt ziemlich spannend, Deine Beobachtungssplitter.
Selbst bin ich zwar kontaktängstlich, aber mit Tarnkappe hätte ich mich gern im Liegestuhl zwischen die Parzellen gesetzt und das Treiben eine Weile selbst belauscht und beobachtet.
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Belauschen und beobachten liegt mir fern. Und es beschreibt die Situation leider falsch.
Wer auf Parzelle 268 lebt, ist Teil eines großen Ganzen. Man nimmt Kontakt auf, man redet miteinander, teilt sich vieles mit, privates, Wichtiges, unbedeutendes. Man tauscht sich aus, unterstützt sich, hilft, wo man kann und es wird einem geholfen. Denn das Campingleben ist auch ein provisorisches. Und in den Gesprächen werden ständig die Themen es täglichen Lebens aufgegriffen – vom Einkauf über den Weg zum nächsten Zahnarzt bis hin zu Kochrezepten. . Und dazu gehört auch das Private. Man gibt und nimmt. Man ist Teil des großen Stromes. So funktioniert das. Und dabei entstehen dann Eindrücke, Bilder, Knotenpunkte, Strukturen. Und auf die Wertung des Gehörten und Gesehenen sollte man tunlichst verzichten. Die Dinge sind wie sie sind.
Liebe Grüße
Jürgen
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Ich verstehe, was Du meinst und vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. Ums Ausspionierende Belauschen geht es mir gar nicht und ums Werten erst recht nicht.
Ich finde solche Gemeinschaften einfach ziemlich spannend und natürlich gehört es dazu, Teil es ganzen zu sein, was mir als Soziophobikerin derzeit unmöglich ist. Daher mein Wunsch manchmal nach Tarnkappe.
Es gab eine Zeit, da war ich zwar „schon ziemlich schüchtern“, doch auf Reisen, auch wenn ich ganz alleine unterwegs war, fand ich mich noch gut zurecht. Ich habe schöne Erinnerungen an Tagelange Zugfahrten z.B. von Kasachstan zurück nach Deutschland im Großraumabteil, in denen es auch ein Miteinander und Geben und Nehmen von sehr sehr unterschiedlichen Menschen gab, die auf eine gewisse Art für ein paar Tage zusammenhalten und dann wieder auseinander gehen.
Liebe Grüße
Ines
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Ich verstehe! Liebe Grüße
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Diese neutrale, aber dennoch sehr freundliche Beschreibung voller Dankbarkeit für das gebotene menschliche Theater ringsum habe ich sehr gern gelesen und mich an meine weit zurückliegenden Dachzelt-Campingfahrten erinnert, bei denen wir den grössten Teil der Zeit in ländlicher Einsamkeit verbrachten, aber stets einige Tage mittendrin auf einem Campingplatz wie dem von El Saler / Valencia oder Elche / Granada verbrachten, auch wegen des so interessanten, vielfältigen „Menschelns“. Bei dieser Aufzählung sind mir einige Begegnungen und Beobachtungen wieder eingefallen. Danke auch dafür.
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Liebe Puzzleblume!
Das freut mich. Es ist schön zu hören, dass durch meinen Beitrag alte Erinnerungen hochgekommen sind, die offensichtlich bis heute tragen. Das Wort „menscheln“ trifft es auf den Punkt.
Bis bald, Liebe Grüße
Jürgen
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