Der Tag und die Fahrt fingen gut an, heute: aus dem Radio flutete „Sacify“ von Elton John und Juergen sang laut mit. Eine ihm wildfremde Frau winkte im Vorbeifahren, nett!

Kein Zweifel: wir fahren zu uns selbst. Immer, wenn man so wie wir jetzt unterwegs ist. Und dieses Selbst, das ist das von gestern, vierzig Jahre ist es her, und das von heute. Das eine Selbst sagt: hier hat alles angefangen. Das hat geprägt. Und das andere meint: schau nach vorne!
Jürgen und ich sind nun in Wissen-Sieg, hier wurde Jürgen geboren, hier hat er 25 Jahre gelebt. Das klingt sehr karg, aber dahinter verbirgt sich schon einiges. Wir haben die Stadt nach so langer Zeit erst einmal vorsichtig erkundet. Vorgefunden haben wir einen Ort, der dabei ist alte Häute abzulegen. Juergen hat allein fünf Großbaustellen gezählt. Ohne Ortskenntnisse wären wir in der Stadt mit dem großen Gerät verloren gewesen. Hier die Stationen:
Die Hüttenstrasse mit dem elterlichen Haus – kanaltechnisch auf dem Weg in die Zukunft.

Die Hockelbachstrasse mit der Werkssiedlung, instantgesetzt und bunt.

Die Steinbuschstrasse mit einem Blick auf die erste Wohnung von Jürgen.

Die Anlagen, dieser ehemalige Friedhof und jetzige Park, mit dem Denkmal und Erinnerungen – von nächtlichem Spielen bis zu den Schleuderbüchsen. Und Jürgens alte Schauckel gab es auch noch. Nun ist ein Mehrgenerationenpark im Entstehen, sehr gelungen.




Die Rathausstraße mit dem, was von der pulsierenden Innenstadt übrig geblieben ist und momentan einem Schlachtfeld gleicht.

Den Wald-Friedhof, in die Natur eingebettet, am Alserberg, mit dem Besuch des elterlichen Grabes – schon seltsam.
Und zum Schluss dann die Fahrt an den Fluss „Nister“, im bäuerlichen Vorfeld der Stadt. Hier fanden wohl Jürgens erste Schwimmversuche statt.


Ist das Heimat? Ist das wirklich Heimat? „Jürgen“, fragte ich: „Hast du Heimatgefühle?“ „Nein, das sind einfach nur Erinnerungen“, meinte Jürgen, gute und schlechte. Heimat sei wohl mehr.
Jürgen machte deutlich, dass er in diesem Begriff nicht denkt. Mit dem Begriff hätte er noch nie etwas anfangen können – für ihn zu wenig emanzipatorisch, zu sehr nach hinten gewand, zu sehr nationalistisch belastet. Seine Terminilogie ist der Ort, die Verbundenheit zum Ort, die Verwurzelung, die OrtsMarke, die Ortsenergie, die Arbeit und das Soziale vor Ort.
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Vielleicht als Anhang, der lesenswert ist, gestern gefunden, hier ein Link zu „Irgendlink“, auch so einem durch die Lande Reisenden, einem Künstlerkollegen, der wie Jürgen und ich durch die Art seiner Reisedokumentation den Dingen auf den Grund gehen will: https://irgendlink.de/2020/07/19/ein-simulierter-reiseradlerkuenstlertesttag-umsland/
Lieber Jürgen, wir senden Dir liebe Grüße aus Wissen.
Buchalov
Eine Reise in die Vergangenheit – und es hat sich viel verändert.
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Das ist ja, Gott sei Dank, immer so, Liebe Grüße
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Jürgen, das sieht aber sehr trostlos aus! Hier also bist du geboren und hast 25 Jahre gelebt. Nach den Fotos zu urteilen muss man schon ganz schön hartgesotten sein, um diese Siedlung ohne Bäume Heimat nennen zu können.
Oder bin ich da zu hart mit meinem Urteil?
LG auch an Mechthild von Susanne
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Nein, nein. Die Enge, das Grau, die Dominanz der eisenverarbeitenden Industrie, die Kirche, und und und. Wie schon mal gesagt: die weltoffene Penne und der transparent-sonnige Niederrhein waren eine Offenbarung. Ich spreche noch und auch jetzt während der Fahrt noch den Dialekt, aber Heimat, so glaube ich, ist etwas anderes – wenn überhaupt. Es sind genau die von Dir angesprochenen Gründe, warum Mechthild nicht mitfährt. Liebe Grüße
Juergen
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Ahhh, ich dachte, da du von wir sprichst, Mechthild ist dabei, aber wahrscheinlich sprichst du bei wir von Buchalov?
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Genau: Buchalov und ich! Liebe Grüße
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Allerdings: das ländliche Umfeld, auch wo ich jetzt stehe, an der Nister: das ist schon Klasse – wenn es nicht regnet. Und hier regnet es viel!
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Der Regen ist gut für die Natur, ich freue mich tatsächlich über jeden Tropfen der fällt, wenn er uns auch ins Innere zwingt. 🙂
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